Ist Dinkel das bessere Getreide als Weizen?
“Weizenwampe – Warum Weizen krank und dick macht”, “Dumm wie Brot”, “Achtung Weizen” – solche populären Buchtitel und die Medien haben ganze Arbeit geleistet und das Getreide Weizen derart in Verruf gebracht, dass viele Menschen glauben, sie machen ihren Körper krank, wenn sie Weizenprodukte zu sich nehmen und meiden diese. Im großen weiten Netz findet man vor allem unzählige Artikel von vermeintlichen Fachleuten, die die Meinung vertreten, dass Weizen krank macht. Aber ist an dieser These überhaupt etwas dran? Es gibt viele Artikel, die sich genau mit diesem Thema beschäftigen. Und da ich auch immer wieder damit konfrontiert werde, dass Weizen ungesund sein soll und man doch lieber Dinkel essen solle, möchte ich an dieser Stelle versuchen, das Image des Weizens wieder ein wenig aufzubessern.
Weizen ist ungesund, weil es über die Jahre immer mehr gentechnisch verändert wurde, um einen maximalen Ertrag zu erzielen
In keinem Land der Welt ist es erlaubt, gentechnisch verändertes Getreide anzubauen. Es finden zwar zahlreiche Versuche statt, in dem Pilzbefall, Resistenz gegen Trockenheit usw. reduziert und verbessert werden, aber diese Versuche finden auf abgeschirmten Testfeldern statt. Weder Weizen, noch Dinkel, noch andere Getreide, die wir im Handel kaufen können sind gentechnisch verändert.
Weizen ist extrem hochgezüchtet und wird daher viel schlechter vertragen
Das ist zwar nicht falsch, aber durch den aktuellen “Dinkel-Hype” wurde auch der Dinkel hochgezüchtet, sogar so sehr, dass er vom Weizen kaum mehr zu unterscheiden ist. Wenn Sie Dinkel im Supermarkt kaufen, dann ist das genau dieser Dinkel, der so viel gesünder sein soll. Zumal oft das (Bio-)Getreide aus der gesamten EU mit unterschiedlichen Chargen zusammengemischt wird und unterschiedlich abgelagert ist. Die FODMAPs, die im Verdacht stehen das Reizdarmsyndrom auszulösen, sind im Weizen zwar deutlich höher, aber da Brotbäckchen mit langer Reifezeit und mit Vorteigen und Sauerteigen arbeitet, ist im Gebäck letztendlich der FODMAP-Gehalt sowohl bei Dinkel als auch bei Weizen gleich. Daher wird bei Brotbäckchen sowohl Gebäck aus Dinkel als auch aus Weizen gleich gut vertragen.
Weizen enthält sehr viel Gluten, was nicht gesund sein soll
Dinkel enthält sogar mehr Gluten als Weizen. Wer an einer Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) leidet, der wird weder Weizen noch Dinkel gut vertragen und sollte auf glutenfreie Produkte zurückgreifen. Ansonsten ist Gluten nicht ungesund, vielmehr ist es eine große Marktnische, die gerade mit Freude bedient wird, da viele Menschen mittlerweile glauben, dass Gluten ungesund ist und man mit den teuren glutenfreien Produkten sehr gut Geld verdienen kann. Ein aktueller Film von ARTE hat sich mit dem Gluten-Geschäft sehr intensiv auseinandergesetzt.
Weizen vertragen die meisten Menschen nicht gut
Das Problem ist in der Regel nicht der Weizen, sondern die Verarbeitung der Weizenprodukte. Diesen werden in Großbäckereien oftmals nur eine Stunde Ruhezeit gegönnt, was nach aktuellen Studien Auslöser des Reizdarmsyndroms sein könnten. Lesen Sie dazu auch meinen Artikel zur langen Teigführung.
Dinkel enthält deutlich mehr Nährwerte als Weizen, deswegen ist Dinkel viel gesünder
Schauen wir uns dazu einfach mal die Nährwerte im Vergleich genau an:
Ja, einige Nährwerte haben tatsächlich minimal bessere Werte beim Dinkel, als dies bei Weizen der Fall ist.
Wie sieht das denn aus, wenn wir eine Scheibe Brot essen?
Der Unterschied ist offensichtlich marginal. Im Verhältnis zu dem, was unser täglicher Bedarf der einzelnen Nährwerte sind, kommt es also vielmehr auf eine insgesamt ausgewogene Ernährung an und nicht, ob Sie Dinkel oder Weizen essen. Wichtiger bei Broten ist daher eine lange Teigführung (Abbau von FODMAPs ist bei allen Getreidearten gleich wichtig), der Einsatz von Sauerteigen und gutem Mehl und Getreide aus regionalem Anbau. Das alles finden Sie bei Brotbäckchen.
Ich hoffe ich konnte mit diesem Artikel den Ruf vom Weizen ein wenig aufpolieren.
Möchten Sie sich näher einlesen, finden Sie hier ein paar interessante Artikel:
https://www.zeit.de/2014/17/perlmutter-bestseller-dumm-wie-brot
https://urkornpuristen.de/gesundheit/atis-eine-eiweissgruppe-im-visier/
Michael Kather
Wieder ein guter Artikel der meine Meinung darüber bestätigt.
Ich lege mehr Wert auf Bio- Mehl (z.B.: Eiling Mühle) und lange Teigreifung).
Unser ältester Sohn hat einen nervösen Magen und ist immer Froh wenn bei Besuch etwas selbstgebackenes mitgenommen werden kann.
Wenn Dinkelmehl verwende ich Urdinkel)
Wo ich mir noch nicht so sicher bin, ist ob Weizen einen höheren Entzündungsindex gegenüber Dinkel (Urdinkel) hat und wie sich das auswirkt.
Marcus
Super Statements und schöne Richtigstellung von einigen verschobenen Wahrnehmungen in der Gesellschaft! Diese ganzen Food-Trends und übertriebenen Super-Food-Analysen sind bei einer ausgewogenen und vor allen Dingen abwechslungsreichen Ernährung völlig überflüssig. Längst sollten wir wieder auf dem Boden angekommen sein und verinnerlicht haben, dass bestimmte Trends die Industrielebensmittel genau dahin bringen, wo wir sie nicht haben wollen. Da wird getrickst und gemauschelt und geblendet und so aus den ehemals guten Produkten Qualität und auch der letzte Cent herausgepresst. Nicht die Produkte, sondern der Umgang damit sind das Problem. Und gerade beim Brot gibt es so viele Stellschrauben, die aus den gleichen Ausgangsprodukten ein gutes oder auch ein schlechtes Brot machen können – mit allen Abstufungen dazwischen.
Schade, dass der Link auf die Arte-Doku nicht mehr funktioniert – vielleicht besser den Titel posten, dann kann man die Doku eventuell auch noch auf alternativen Medien suchen und finden.
Vielen Dank für diese Seite, viel Erfolg mit dem Geschäft und ganz liebe Grüße
Marcus